Unter Birshens wachsamen Augen füllst du deine Schale mit Wasser. Deinen hoffnungsvollen Vorschlag, doch wieder gemeinsam ins Wasser zu steigen, hat Birshen schmunzelnd abgelehnt: „Du wirst in Zukunft auch nur die kleine Schale haben. Und außerdem wollen wir uns doch heute wirklich konzentrieren…“ Natürlich hat sie Recht denkst du, und bist im Grunde genommen ganz froh, dass du dich jetzt allein auf den Fluss der Magie fokussieren kannst.
Du beschwörst vor deinem inneren Auge das Bild von Larissia herauf. Du spürst nach einer verbindenden Emotion und spürst, wie die Magie suchend ihre Fäden in alle Richtungen aussendet. Madas Ebenbild in der Schüssel beginnt zu zerfließen und weicht einem verschwommenen Bild. Es könnte der Umriss eine Frau auf einem weißen Kissen sein, was sich da zu Formen beginnt, doch du vermagst kein klares Bild zu erzeugen. „Birshen, es ist unscharf, ich kann sie nicht richtig erkennen!“ sagst du, ohne den Blick von der Schale zu lösen. „Konzentrier dich auf das letzte was ihr gemeinsam erlebt habt,“ schlägt Birshen vor, „wie hat sie sich gefühlt?“ Du kehrst gedanklich zu eurer gemeinsamen Flucht aus der verschwunden Oase zurück. „Schließ noch einmal die Augen. Versetze dich ganz dahin zurück“. Du konzentrierst dich so stark, dass du vermeinst Larissias Hand wieder in deiner zu spüren. Und dann Maruchs Hand, wie sie euch aus dem Portal zieht. Die geschwächte Larissia, wie ihr sie auf das Lager bettet, wo sie ahnungslos Maruchs Suppe löffelt. Oh, dieser Hinterhältige… Wut erfüllt dich. „Und jetzt öffne wieder die Augen! Sieh hin!“ Das Bild im Wasser verschwimmt erneut, und du erblickst ein ganz klares Bild. Ein Gesicht, aber nicht Larissia: Es ist Maruch.
Mit frisch gestutztem Bart steht er, noch charismatischer als du ihn in Erinnerung hast, in einem Gewand mit goldenen Symbolen auf schwarzem Kragen in einer Halle, vor einer Wand aus grauem Basalt und scheint sachlich über etwas zu berichten. Auch Empfindungen empfängst du. Ähnlich wie bei der Verbindung mit Birshen schlägt dir eine konzentrierte Aufgeräumtheit entgegen. Eine Aura der Zielstrebigkeit aber auch vorsichtigen Misstrauens prägt dies Bewusstsein. Dann nimmst du die aktuelle Stimmung wahr. Maruch ist zufrieden. Voller Selbstvertrauen und Zuversicht. Und dann blickt er dir kurz direkt ins Auge. Er lächelt. Das Bild verblasst.
Verwirrt berichtest du Birshen von dem Gesehenen. Diese schmunzelt: „Da hast du schon wieder etwas gelernt, mein ungestümer Schüler – Nicht nur geliebte Personen vermag Madas Spiegel dir zu zeigen; jede Person, mit der ich intensive Gefühle verbinden, welcher Art sie auch seien, kannst du in ihm sehen. Der junge Magus scheint dich ziemlich verärgert zu haben. Aber solch starke Gefühle sind genau die Brücke, die du für ein erfolgreiches Wirken des Zaubers, gerade über weite Entfernungen, in dir suchen musst. Möchtest du den Zauber noch einmal mit Larissia versuchen, oder hast du genug erfahren?“
Egal wie deine Antwort lautet, für den gewirkten Zauber sind 13 AsP fällig. Und für das Zaubern unter Birshens Anleitung steht dir eine Steigerung laut SKT zu.
Ich kraule nachdenklich Ramals Nacken, den ich trotz der fortgeschrittenen Stunde genötigt hatte an meiner Seite zu bleiben.
Ohnehin hatte ich Birshen vormittags stolz meinen neuen, alten Weggefährten vorstellen müssen und ihr begeistert, wenn auch vage bestätigt, welch unglaubliches Erlebnis die Vertrautenbindung gewesen sein. Rashid gegenüber hatte ich freilich nichts erwähnt, ihm aber erklärt, dass mir in einer Schamanenvision die Erkenntnis gekommen sei, dass der Gepard den Namen Ramal trage.
Da ich nach Rashids Rückkehr den Eindruck gewann, dass er auch ohne mahnende Worte Birshen als Respektsperson akzeptieren würde, war ich diesbezüglich nicht weiter auf ihn eingedrungen.
“Wenn ich das Gesehene richtig deute ist Maruch bereits in Rahsdul angekommen. Sein gepflegtes Äußeres und die Kleidung lassen das vermuten. Womöglich stellt er gerade seine – wie heißt das gleich – Magisterthesis vor. Birshen, weißt du wie es in der Magierakademie in Rashdul aussieht? Eine große Halle mit Wänden aus grauem Basalt? Oder lässt das Gewand darauf schließen, dass er in der Akademie sein muss? Ist dieser prunkvolle Krage irgendeine rituelle Gewandung?”
Mich hat der Zauber merklich angestrengt und ein leichter Schweißfilm steht mir auf der Stirn. “Wenn ich es noch einmal probierte und gleich aufbreche erreiche ich Rashdul bar jeglicher astraler Energie. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist. Larissia wird wohl irgendwo dort sein, wo Maruch, respektive sein Lehrmeister sind.”
Vielleicht hat Birshen durch mein lautes Denken noch Ergänzungen?
Birshen nickt nachdenklich: „Ja, ich denke da könntest mit deiner Überlegung richtig liegen. Die Akademie zu Rashdul soll ein fürwahr sonderbares Gebäude sein. Zur Gänze aus grauem Basalt errichtet und von jedem Großmeister mit Hilfe mächtiger Dschinnen erweitert umfasst sie mehrere Lehrsäale sowie Paläste der Lehrmeister und Wohntrakte für Bedienstete und Schüler. Die kurioseste Geschichte, die ich gehört habe, ist, dass dereinst im Angesicht einer Bedrohung mittels Dschinnenkraft die Tore an allen Seiten der fünfeckigen Außenmauer verschlossen wurden. Seither soll es nicht möglich sein, den Gebäudekomplex zu Fuß zu betreten – man reist Kraft der Magie, oder mit Teppichen oder Dschinnen. Über die Akademie kann ich dir sonst noch berichten, dass sie Magier grauer Gesinnung hervorbringt und der Unterrichtsschwerpunkt auf der Beschwörung liegt.
Die Kleidung, die du beschreibst klingt mir ganz nach irgendeiner rituellen Gewandung der Zauberer. Weißt du, diese kleinkarierten Söhne der Detailverliebtheit haben doch tatsächlich für jede Art von Zauber, Ritual oder Handlung eine unterschiedliche Gewandungsvorschrift. Als ob sich die Kraft Sumus davon beindrucken ließe, welche Farbe der Herr Magus heute trägt… Aber das kommt eben dabei heraus, wenn man die Magie ohne jegliche Verbindung zur Erdmutter betrachtet! Allerdings kommt mir da gerade ein Gedanke – “
und Birshen lässt dich kurz stehen wo du bist, um nach etwas Sucherei mit einem Bündel Stoff zurück zu kehren. Tatsächlich entfaltet sie unter deinen verwunderten Blicken eine Magierrobe: „Die könnte ich dir leihen – falls du in der Akademie weniger auffallen willst. Sie ist schon etwas älter, aber glücklicherweise verändern sich so verknöcherte Kleidungvorschriften nicht ganz so schnell…“
Du hast dich inzwischen auch noch einmal versucht zu erinnern, was du über Rashdul weißt. Das Stadtwappen – das Goldene Pentagramm auf Schwarzem Grund – ist durch die fünfeckige Magierakademie inspiriert, schoss es dir nämlich bei Birshens Vortrag durch den Kopf. Du erinnerst dich, dass das Oberhaupt der Akademie dementsprechend auch einen hohen politischen Einfluss hat. Die offizielle Herrscherin über die Stadt ist die Shanja Eshila, blutjunge und bildschöne Witwe des ehemaligen Sultans. Wie fest sie politisch im Sattel sitzt, weißt du nicht, schließlich gilt die Stimme einer Frau soweit im Süden nicht soviel wie in deiner Heimat, hast du gehört…
“Wenn ich so recht darüber nachdenke dann ist der potente ibn Feruzef vermutlich nicht nur der Großwesir von Rashdul – denn eben jener suchte ja nach Larissia – sondern auch die hochwürdigste Erlauchtheit der Akademie. Na, da habe ich mir ja den geringsten Gegner ausgesucht, den ich erwischen konnte” denke ich noch weiter und verknüpfe jenes, was meine Großmutter zu berichten wusste mit dem, was Maruch vor mir prahlte und was ich nicht zuletzt durch Birshen erfahren durfte.
“Das bedeutet dann wohl, dass Larissia auch in diesem türlosen Gemäuer gefangen gehalten wird, wenn man sie nicht von dort fortgebracht hat. Aber auch das werde ich wohl am ehesten dort erfahren und kann dann die Spur meiner Gefährtin wieder aufnehmen. So reiche sie mir denn die standesgemäße Gewandung, Weib!”
Den letzten Satz spreche ich bewusst nasal und mit tiefer Stimme, schnappe mir die Robe und deute Birshen mir in den Turm zu folgen. Dort heiße ich sie und Ramal in der Küche Platz nehmen und bitte sie um etwas Schminke, so sie denn welche besitzt. Im Zweifel improvisiere ich zumindest einen Teil dessen, was ich vorhabe mit einem Stück Kohle.
Es ist schon ein seltsames Augenzwinkern Satuarias, dass ich nun, da ich dem Palast zumindest meine Seite gekehrt habe, nun wieder genau dessen Lehrstube benötige: Ich hatte mich ja ohnehin schon frisch gemacht, flechte nun die Seiten meines Haares zu zwei Zöpfen, die ich hinten verbinde um den Rest zu bändigen. Dann werfe ich die Robe über, prüfe meine Fingernägel auf Sauberkeit und schminke mich dann. Ich trage etwas dunklere Farbe unter meinen Wangenknochen auf, um so älter zu wirken als ich es bin. Meine hagerer gewordene Statur ist dabei eher hilfreich. Dann appliziere ich Kajal oder Kohle so, dass es Ramals menschlichem äußeren Gleich eine Spur an der Nasenseite entlang führt. Die Kante des Augenwinkels lasse ich in einer Verzierung enden. Eine alte Tradtion aufgreifend mache ich mir zum Schluss einen roten Punkt auf die Stirn und parfümiere mich mit Blumenwasser. Noch hinter der Tür verborgen rufe ich mit tiefer Stimme: “Macht Platz für Magister Cherek ibn Sahil, den Erbauer des magischen Turmes und Gasthörer in der Rashdapanta … wie auch immer!” Dann trete ich hervor.
Mein Tun im Spiegel der Talente:
Betören auf In – Ff – Ff statt Ch für das Schminken 5 TaP*
Etikette 6 TaP*
Sich verkleiden 4 TaP*
Magiekunde gepatzt (also richtig gepatzt und deshalb habe ich schonmal jeglichen Gedanken an Gildensiegel und die Bezeichnung “Spektabiltät” gestrichen, wer weiß was noch Schlimmes geschieht)
Ich lasse mein Äußeres auf Birshen und Ramal wirken und hoffe Birshen mit der Wahl meines Namens ein Lachen abzuringen.
“Ich glaube ich weiß ungefähr was zu tun ist und wenn man nur magisch in die Akademie hereinkommt, so wird wohl niemand über die Art meiner Reise verwundert sein. Das ist in jedem Fall ein Vorteil. Und Ramal … nun wenn Magier alles so phexverlassen sind, wie es den Anschein hat, dann ist Ramal eben mein Jagdpardel, den ich überall mit hinnehme.”
Erwartungsvoll schaue ich Birshen an.
Als du in voller Montur hinter der Tür hervortrittst schlägt Birshen begeistert die Hände zusammen. Vor Lachen bringt sie zuerst gar keinen zusammenhängenden Satz hervor, aber dann strahlt sie dich an: „Hervorragend, Herr Magister! Auftritt und Aussehen sind unübertrefflich. Ich kann dir jetzt schon kaum widerstehen. Ich muss schon sagen, wie schade, dass dich deine Großmutter so nicht sehen kann! Wo ist Rashid wenn man ihn braucht – welch fürtrefflicher Moment für eine Zeichnung!“ Sie wischt sich ein paar Lachtränen aus den Augenwinkeln, zitiert dich dann zu sich an den Tisch. „Hör zu, du naseweiser Zauberer. Vielleicht sollten wir an deinem Vokabular noch etwas arbeiten… Die Akademie, die du besuchen wirst ist die Al‘ Pandjashtra. Vielleicht solltest du besser möglichst vermeiden dich in allzutiefe magische Fachsimpeleien verwickeln zu lassen. Und wenn man dich fragt, woher du stammst, sagt einfach Fasar, dann wird man dich wohl in Frieden lassen, denn die Al’Achami Akademie bringt die ruchlosesten Schwarzmagier hervor. Ich empfehle dir dich als Studiosus auszugeben. Was die Titulatur unter den Magi an sich angeht – ich weiß sie haben da viele Ränge und legen Wert auf korrekte Etikette. Da schau dir einfach etwas von den anderen Eleven ab, oder halte dich an junge Schüler… Birshen versucht dir noch einige Grundbegriffe einzubläuen, aber zu klar siehst du gerade dein Ziel vor Augen, als dass du ihr lange zuhören könntest. Voller Tatendrang spingst du also wieder auf, kaum dass du dich gesetzt hast und… [gibt es noch Dinge zu erledigen, oder greifst du zur magischen Dattel?]
Während Birshen ihren kleinen Monolog mit erklärenden Worten zum Besten gibt, prüfe ich meinen Rucksack, packe ein paar Sachen heraus und schultere ihn dann. Dann hocke ich mich hin: “Komm her, Ramal. Wir haben nun eine ganz besondere Reise vor uns.”
Wenn der Gepard zu mir springt umklammere ich das schlanke Tier, so fest ich nur kann, sobald ich mir die Dattel in den Mundwinkel geschoben habe. Entschlossen nicke ich in Birshens Richtung: “Wünsche mir Glück große Hexe. Wir sehen uns wieder!” Nach einer kurzen Kunstpause spreche ich: “Bring mich in die Eingangshalle der Al‘ Pandjashtra, der Magierakademie in Rashdul … bitte.”
Dann zerbeiße ich beherzt die Dattel.