So sehr du dich auch gefreut hast, endlich den Staub von der Haut zu waschen, so schnell wie heute warst du noch nie mit dem Waschen fertig. Zu ungeduldig drängt es dich in die Menagerie, und als die Wesira noch nicht dort ist, als du eintrittst möchtest du am liebsten in ihr Gemach zurück laufen, um dich von ihrem Wohlbefinden zu überzeugen.
Doch da kommt sie tatsächlich zur Tür herein. Frisiert und vollkommen bekleidet sieht sie gleich viel weniger zerbrechlich aus, als noch wenige Momente zuvor. Zwar trägt sie ein etwas ausladenes Gewand deiner Großmutter, doch Sherizet hat mit Tüchern ihr bestes gegeben um es etwas enger zu raffen, und den Rest macht die Wesira durch jetzt wieder vollständig geistesgegenwärtiges Auftreten und hoch getragene Nase wett. Sie begrüßt dich förmlich in ihrer komplizierten Art und formuliert aufs umständlichste ihre Dankbarkeit für deine Hilfbereitschaft und Gastfreundschaft. Dann ist sie sehr begierig deinen Bericht zu hören, und scheint jetzt auch keine Schwierigkeiten mehr zu haben ihm zu folgen. Sprachlich bleibt ihr weiter beim Garethi.
Deinem Beispiel folgend lässt sich die Wesira in die weichen Kissen sinken, und tut sich an dem bereitgestellten Obst gütlich. Wenig später erscheinen auch deine Diener mit silbernen Tabletts gefüllt mit diversen warmen Köstlichkeiten, die sie vor euch auf den Boden stellen. Du bist so in deine Erzählung der Ereignisse der letzten Nacht vertieft, dass du zunächst gar nicht bemerkst, dass die Wesira mit eben jenem Tablett so einige Schwierigkeiten zu haben scheint. Als du das nächste mal zu ihr rüber schaust bietet sich dir ein für dich amüsanter Anblick. Statt wie du es gewohnt bist, im Liegen die würzigen Soßen mit dem flachen Brot zu löffeln, hat die Wesira sich in den Schneidersitz gesetzt und balanciert das Tablett wie eine Tischplatte auf den Schenkeln. Die Unterlegplatte der großen Reisschale hat sie in der Hand, und hat darauf verschiedene Speisen aufgelegt, die sie nun mit gespitzten Lippen mit dem Vorlegelöffel löffelt. Als sie merkt, wie du sie anstarrst, lächelt sie. „Dies ist ganz vorzüglich, welch Aroma, welche Schärfe… spreche er weiter!“
Du verkneifst dir zunächst einen Kommentar und setzt deine Erzählung fort, bis du bei der stelle mit der fliegenden Wesira angekommen bist. Hier verheddern sich deine Worte und als du die Wesira anschaust, die inzwischen ihr Mahl beendet hat, und sich mit eins von Sherizets Tüchern beflissentlich den Mund abtupft, begegnet dir eine hochgezogene Augenbraue. „Fürwahr, seine Erzählung klingt wie eins jener fabulösen Märchen aus dem Tulamidenlande, und doch. Mich träumte ich wäre geflogen… leider scheinen meine Erinnerungen an die letzten Tage, wenn nicht sogar länger, perdu zu sein. Und ich muss ihm sagen, dass ich mich nicht an eine Zofe namens Halima reflektiere, noch ihm sagen kann, was mich treiben sollte nach Rashtul zu reisen. Mein Name ist Domna Larrissia di Meboccio zu Vinsalt, und ich ersuche ihn höflichst um seine Mithilfe bei der weiteren Aufklärung dieser seltsamen Ereignisse.“
Ein ganz klein wenig beleidigt mich der Umstand, dass mich die Wesira, pardon, die Domna immerzu in der dritten Person des Bediensteten anspricht. Doch diesen Umstand vergesse ich alsbald die hohe Dame sich mir namentlich vorstellt. Ich lasse vor lauter Schreck und Erstaunen einige Trauben fallen und beginne umständlich nach Ihnen zu nesteln. Nachdem ich die Fassung einigermaßen wiedergewonnen habe, schaue ich sie fest an: „Hochwohlgeborene Dame, seid euch der Unterstützung meines Hauses und meiner Person gewiss, dass wir alsbald dieses verworrene Rätsel lösen mögen, bei Sat … tratscha … und ihren elf Geschwistern!“
Danach versinke ich kurz in einen Gedankenmonolog und murmele vor mich hin: „Aber wenn Halima gar nicht eure Zofe ist, so müsste sie doch … gleichwohl … man nahm sie ja erst zum Zeitpunkt eurer Verwünschung in Dienst. Wenn nun … herrje!“
Außer zu einem kurzen „Was ist?“ lasse ich die Domna nicht kommen und fahre fort: „Wenn nun einige eurer Wachen zum Kreis derjenigen gehören, die von dieser Ungeheuerlichkeit wüssten … und wenn Halima ein ahnungsloses rotes Kamel wäre … dann war es vielleicht keine gute Idee nach eurem Gefolge zu schicken!“
Ich springe auf und schaue mich panisch hilfesuchend um. „Sherizeth, lasse sofort veranlassen, dass niemand in den Palast hereingelassen wird, es sei denn es handele sich um einen persönlichen Bekannten!“
Ehe ich Pläne schmiede vielleicht zunächst das Wort der Meisterin, ob es nicht schon zu spät ist …