„Hmm,“ grummelt Yussuf, „entschuldigt mich kurz“. Du meinst so etwas wie Enttäuschung wahrzunehmen. Dann verschwindet er nochmal für eine Weile. Du hockst dich zu Ramal und kraulst sein Fell.
Eine Welle von Zufriedenheit und Wohlgefühl flutet dir von ihm entgegen und beruhigt dein Gefühl der Fremdheit etwas. Schließlich kommt Yussuf ohne Schürze und mit geschrubbten Händen wieder zurück. Jetzt wo bei dir wohl keine Goldschätze zu holen sind, beschränkt er sich auf die reservierte Höflichkeit eines Dieners gegenüber einem angehenden Magier:
„Seid doch so gut, Effendi und folgt mir ein Stück. Hier hinter dieser Wand“ er biegt zu deiner Erleichterung in eine andere Richtung ein, als die aus der er zuvor gekommen ist. Ihr kommt in eine Art Lager, mit verschiedenen Fächern in der Wand. Yussuf zeigt dir eine Decke und ein Kissen, die du mitnimmst. „Und dann zeig ich euch den Weg.“
Er schlurft voran und führt euch am Kristallgarten vorbei zum nächsten Gebäude. Er zeigt dir eine Geste, mit der sich die Tür öffnen lässt. Ihr betretet eine kleines Treppenhaus, von dem einige Türen sowie rechts und links ein großer Flur abgehen, und steigt in den dritten Stock. Yussuf wendet sich nach rechts: „Wisset Studiosus, in unserer zauberhaften Akademie gibt es viele Gänge, die durch Zauber geschützt sind. Seht diese Glyphen im Türrahmen. Wollt ihr unbeschadet in den Schlafsaal der dämonlogischen Candidati gelangen, müsst ihr beim Betreten des Flures die richtige Formel nennen. Sonst manifestiert sich irgendsoeine gräßliche Wesenheit und übergießt euch mit Pech oder Schlimmeres. Und versucht gar nicht erst nach links in den Trakt der Frauen zu gelangen. Sprecht mir nun nach: „Etiam animum maxime indigent usque requiem.“ Da du Bosparano verstehst, fällt es dir leicht, dir den Satz einzuprägen: „Selbst der unbeugsamste Geist benötigt Ruhezeit.“
Nachdem ihr ihn ausgesprochen habt geht ihr weiter, den Flur hinab. Gleich die erste Tür ist der Schlafsaal, es gibt 6 Betten, von denen 2 gemacht sind. Du staunst über die akribische Ordnung hier. Yussuf bedeutet dir eins der freien Betten auszusuchen. „Außer euch logieren noch Benayman ibn Alev und Khorim ben Rastafan hier. Sie scheinen noch unterwegs zu sein. Das nächste Zimmer ist ein Gemeinschaftsraum, der auch euch zur Verfügung steht. Einen Waschraum und den Abort findet ihr am Ende des Ganges. Schaut morgen bei der Bibliothek vorbei, dort wird man euch wenn ihr wünscht einen Schreibplatz zuweisen. Zum Frühstück geht einfach mit euren Mitschülern mit. Und nun würde ich mich gerne wieder den Festvorbereitungen widmen…“ Er sieht dich fragend an.
“Ich danke dir herzlich für deine Hilfe, Yussuf. Nun, wie ich dir eben bereits sagte sind eben nicht alle gelehrten Herrschaften wohlhabend und ich habe leider nichts dabei um mich für deine Dienste zu bedanken. Vielleicht kann ich mich bei Gelegenheit anderweitig für dein freundliches Geleit erkenntlich zeigen. Das wäre dann alles.”
Der letzte Teil des Satzes rutscht mir heraus, ohne dass ich es verhindern kann. So viel zum Habitus arroganter Magier.
Sollte sich Yussuf dann tatsächlich davon machen wähle ich eines der freien Betten. Gerne hätte ich eines, das nahe an einem Fenster gelegen ist oder das der Tür am nächsten ist. Je nachdem welche Option durch die Belegung der Betten gegeben ist. Dann lege ich Kissen und Decke aufs Bett. Zu einem besonders ordentlichen “Betten machen” kann ich mich dann nicht wirklich durchringen. Meinen Rucksack schiebe ich nach kurzem Überlegen zunächst unter mein Bett, auch wenn mir der Gedanke mein Habe hier zu lassen ganz und gar nicht behagt. Abermals nutze ich die Gelegenheit Ramal zu kraulen und mich etwas hilfesuchend im Raum umzuschauen, als ob die nächsten Schritte sich in magischer Schrift an der Wand zeigen mögen.
Dann stehe ich auf: “Komm Ramal, wir schauen uns mal diesen Gemeinschaftsraum und unsere direkte Umgebung an. Fluchtwege und Verstecke zu kennen kann sicher nicht schaden.”
So mache ich mich denn auf meine nähere Umgebung zu erkunden und vielleicht im Gemeinschaftsraum weitere Kontakt zu knüpfen.
Die beiden belegten Betten stehen nebeneinder, eins am Fenster ein in der Mitte, so dass du freie Auswahl hast zwischen Fenster oder Tür. Am Kopfende der Betten stehen jeweils einfache Holztruhen, und du entscheidest, das dies der bessere Aufbewahrungsort für deinen Rucksack ist. Kurz schaust du dich noch im Zimmer um. Es gibt zwei schulterbreite offene Spitzbogenfenster in Richtung der Stadt. Sie beginnen auf Kniehöhe und bieten einen hübschen Ausblick über die Unterstadt und den Mhanadi. Als Fluchtmöglichkeit würden sich diese Fenster auf jeden Fall schonmal eignen.
Deine beiden Mitbewohner haben kaum persönliche Gegenstände im Zimmer liegen. Auf der einen Truhe liegt ein Buch, auf der anderen steht ein Tellerchen mit Früchten und Naschwerk.
Ramal hat sich am Fußende deines Bettes zusammengerollt. Als du ihn kraulst, spürst du von ihm eine zufriedene satte Trägheit, und musst ihn ein wenig triezen, um ihn wieder zu aktivieren. Das verleiht dir dann aber immerhin auch genug eigenen Schwung, um auf Erkundungstour zu starten.
Ihr geht den Flur hinab zum Gemeinschaftsraum. Er ähnelt in Schnitt und Ausrichtung dem Schlafsaal und ist gemütlich mit einigen Sitzkissen eingerichtet – in einer Ecke steht eine Wasserpfeife, in einer anderen ein kleines Tischchen mit einem „rote und weiße Kamele“- Spiel. Auf Menschen triffst du nicht. Der Waschraum und der Abort sind schnell inspiziert, und du bist noch dabei dich über die Vorstellung, den Waschraum mit anderen teilen zu müssen, zu befremden, als du lautstarke Stimmen aus dem Treppenhaus hörst.
„Zum letzten Mal nein, Khorim, Sohn der Einfallslosigkeit. Nicht heute und auch nicht morgen. Yallah barra!“ hörst du eine weibliche Stimme, dann schließt sich mit einem Knall eine Tür. Nach einem Moment der Stille redet eine männliche Stimme beruhigend, während eine zweite vor sich hin grollt. Schritte nähern sich dem Flur in dem du stehst.
Da ich bisher mit meiner Rolle als Strafarbeit leistender Gasthörer so gut voran gekommen bin kehre ich gemessenen Schrittes in den Gemeinschaftsraum zurück sollte ich die Zeit noch haben. Dort passe ich den Moment ab, so in den Flur zurückzukehren, dass ich den zwei Herren wie zufällig in die Arme Laufe. „Hesinde zum Gruße die Herren, welch garstiger Fluch hat euch getroffen eine so finstere Miene an einem so schönen Abend wie diesem zu machen?“ starte ich keck ins Gespräch. Mal sehen was die zwei Herren über die Nächte in Rashdul vor einem Fest zu berichten wissen …
Da die beiden noch brav ihr Bosparano-Sprüchlein aufsagen müssen, bevor sie in den Flur treten, bleibt dir genug Zeit gemütlich in den Gemeinschaftsraum und wieder hinaus zu treten. Dir entgegen kommen zwei junge Magier wie sie unterschiedlich nicht daher kommen könnten: Der eine ist kurz und rundlich, hat sanfte Gesichtszüge und etwas wässrige Augen. Er mustert dich mit einer Mischung aus Neugier und Überraschung. Der andere, der zügig voranschreitet überragt ihn (und auch dich) um ein ganzes Stück und ist schmal wie eine Zuckerrohrgerte. Sein Hautton sowie sein charakteristisch gebundener Turban lassen dich vermuten, dass er aus dem novadischen stammt. Seine dunklen Augen mustern dich geringschätzig bevor er anfängt zu sprechen: „Und wer genau will das wissen?“
Ich halte seinem Blick stand und komme nicht umhin vielsagend zurückzufunkeln: „Oh verzeih … Effendi. Meine Manieren. Cherek ist der Name. Ich bin soeben angekommen und freue mich die Bekanntschaft meiner zwei Zimmergenossen zu machen.“ Während ich das sage gehe ich offensiv auf die Bohnenstange zu und reiche ihm die Hand. Falls er den Gruß nicht erwidert zucke ich die Schultern und reiche sie dem kleinen Pummel. „Ihr seid Benay und Khorim?“
Es scheint dem Großen sichtlich unangenehm zu sein, dass du einen Informationsvorsprung zu haben scheint. Er ignoriert die dargebotene Hand. Der Beleibte greift hingegen kräftig hin und schüttelt begeistert deine Hand. „Ja, Benayman, das bin ich! Ist es nicht nett, dass wir mal Gesellschaft kriegen, was Khorim?“ stupst er seinen Begleiter aufmunternd in die Rippen. Dieser schnaubt verächtlich. „Ich hoffe dein Mietzekätzchen hier ist stubenrein, Cherek, sonst bist du die längste Zeit unser neuer Zimmergenosse gewesen!“ poltert er, mit einem Nicken in Ramals Richtung, welcher zur Antwort drohend die Lefzen hochzieht.
Mit einem angriffslustigen Funkeln in den Augen wende ich mich Benayman zu: „Freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Ich hoffe dein Begleitet Khorim hier ist stubenrein. Mein Gepard Ria hasst nämlich Unrat.“
Falls Khorim zu einer Erwiderung ansetzt schneide ich ihm das Wort ab und feixe: „Das dein Erfolg beim holden Geschlecht nicht so groß ist wie dein Turban ist nicht mein Problem. Wenn du also deine schlechte Laune nicht gegen mich oder meinen Begleiter richten würdest können wir noch gute Freunde werden.“
Ein Lodern in Khorims Augen verrät dir, dass deine Worte in Schwarze getroffen haben. Für einen Moment sieht es so aus, als ob er gleich explodiert, doch dann lacht er: „Bei Rashtullahs Lockenpracht, deine Zunge ist so spitz wie deine Ohren scharf sind, nicht wahr? Und steht nicht geschrieben, der Rechtgläubige vergisst nie über ein zänkisch Weibsbild den Bund der Brüderlichkeit? Lass uns also sehen, ob du der Freundschaft eines Beni Avad würdig bist, Cherek! Sitz, und rauch eine Pfeife mit uns.“
Er macht eine einladende Geste in Richtung Gemeinschaftsraum und Benayman schiebt dich mit einem anerkennenden Schulterklopfer herein, solltest du noch zögern.
Sein plötzliches Einlenken trifft mich völlig unerwartet und so kann ich regelrecht das Knistern der astralen Energie spüren, die nun auf meiner Haut ungenutzt verpufft, statt sich in meinem Zorn gegen Khorim zu entladen. Ich bedaure einen kurzen Moment die Gelegenheit verpasst zu haben diesem Wüstensohn eine Lehre zu erteilen, besinne mich dann aber auch darauf, dass die Situation ohnehin schon kompliziert genug ist. Ich kann wahrlich besser Freunde als noch mehr Feinde gebrauchen, selbst wenn es sich um einen Novadi handelt. So lasse ich mich denn also bereitwillig ins Gemeinschaftszimmer schieben.