Eine Laterne kannst du in deinem direkten Umfeld nicht ausmachen. Mit einem Fauchen fährst du deine Krallen aus und testest ihre Schärfe zunächst an dem Seil was der schwimmende Novadi gerade festgezurrt hat. Wie Butter lässt es sich mit einem einzigen Klauenhieb durchtrennen, und langsam beginnen die Buge beider Schiffe auseinander zu driften.
Behende schwingst du dich auf dein Board um dein eigentliches Ziel Rachmud wieder ins Visier zu nehmen. Tatsächlich ist er soeben am Vorhang angekommen und du fliegst schnellstmöglich auf ihn zu. Du rammst mit voller Wucht seinen Hinterkopf. Er schreit auf, taumelt, und versucht sich am Vorhang festzuhalten, in welchem er sich etwas unelegant verwickelt. Deiner Flugrichtung folgend landest auch du im Inneren des Zeltes. „Nimm das, du elender Sohn eines räudigen Wüstenschakals!“ Schnell hast du den Vorhang abgestreift und stellst dich Rachmud kampfbereit mit gespreizten Klauen gegenüber. Er ist noch völlig desorientiert und in den Vorhang verwickelt, so dass du mühelos den ersten Treffer landen kannst. Er jault vor Schmerz, als sich deine Klauen in sein Fleisch bohren und er tritt ziellos in deine Richtung. Es gelingt dir seinem plumpen Angriff auszuweichen und du setzt erneut zum Spung an. Du genießt es mit deiner orientierungslosen Beute zu spielen, spingst auf seinen feisten Rücken und ziehst ihm erneut den Vorhang über die Augen, den er gerade abstreifen wollte. „1,2,3, wer steht hinter dir, du fetter Wüstenfloh? – und das ist für den Wassereimer, du Wüstling!“ mit ausgefahrenen Krallen rutscht du seinen Rücken herunter und hinterlässt dabei tiefe Schlitze in seinem Kaftan. Du bist so versunken in deine Rache, dass dir zunächst der ölig-scharfe Geruch entgangen ist, der in der Luft liegt. Jetzt aber schlägt dir ein beißender Rauch in die Lungen und du blickt auf. Feuer! Irgendeine Laterne muss in eurem Handgemenge umgefallen sein, oder haben die Angreifer etwa von außen das Zelt in Brand gesteckt? Jedenfalls entzündt sich gerade Bahn um Bahn des Aufbaus und rings um euch her lodern Flammen. Rechts von dir windet sich Rachmud stöhnend am Boden. Hinter ihm klafft wie ein schwarzes Loch der Ausgang aus dem Zelt. Links von dir, tiefer hinten im Zelt ertönen weibliche Schreie. Du versetzt Rachmud erneut einen festen Tritt und …
… stürze in Richtung der weiblichen Schreie.
„Wesira! Halima! Wo seid ihr? Ich bin es, Dscheridan. Hierher!“ rufe ich laut und versuche einen ersten Hustenreiz zu unterdrücken.
In der Annahme dass das Zelt zwar groß, aber nicht gigantisch ist, hoffe ich die zwei Frauen schnell zu finden und ihnen aus dem flammenden Inferno herauszuhelfen.
Schnell bist du ins Innere des Zelts gehuscht. Es kostet dich Überwindung und du presst den Ärmel deines Gewandes vor Mund und Nase um von Rauch und Heißer Luft nicht in die Knie gezwungen zu werden. Aber tatsächlich ist das ganze Zelt ja nur so groß wie eben die Lagerstatt der Wesira und vor eben jener stehen die beiden aufgeregten Weibsbilder. Das Feuer erreicht just die seidene Decke des Zeltes als du an die Beiden herantrittst. Ohne zu zögern wirfst du die Wesira auf ihre Bettstatt zurück und legst deinen Körper schützend über ihren. Halima kreischt entsetzt auf als, nur einen Wimpernschlag später, die lodernden Stoffbahnen sämtlichen Halt am Gestänge verlieren und auf euch nieder stürzen. Einen schmerzhaften Augenblick lang spürst du sengende Hitze in deinem Nacken, dann trifft euch ein eiskalter Schwall Wasser und erstickt die letzten Flammen. Qualm steigt auf aber ein kühler Nachthauch ist zu spüren. Halimes Schrei bricht ab. Du setzt dich auf und schaust dich um. Die Wesira starrt dich fassungslos an. Der schwarze Stein in ihrem Diadem reflektiert geheimnisvoll die letzten hinter dir züngelnden Flammen. Du hebst den Blick und schaust in ein weiteres fassungsloses Gesicht: Der Wachmann, den du gestern Abend von seinem Posten gelockt hast, lässt gerade den Wassereimer sinken und Verwirrung macht sich auf seinem Gesicht breit, während er seine Schlüsse aus der vorgefundenen Situation zu ziehen scheint. „Ihr?“ stammelt er und zieht seine Waffe. „Ergreift ihn, er hat die Wesira!“. Halima und du beginnt gleichzeitig zu reden „Das ist nicht wie es aussieht“ „Aber das ist doch Dsche Effendi, Sohn des Bey Yussuf, er kam uns zur Hilfe“, aber Worte scheinen den wütenden Wächter gerade nicht zu beschwichtigen. Hinter ihm siehst du zwei weitere Silhouetten auf euch zukommen und dort wo du Rachmud zurückgelassen hast ertönt just auch ein Wutgeschnaube als er sich unter Schmerzen aufricht: „Wasserfloh, ich mache Mus aus dir! Kommt Brüder!“ Noch scheint nicht klar zu sein, wer auf dem Schiff eigentlich die Oberhand gewinnt, aber nun stürzen von allen Seiten wütende Gestalten auf euch zu. Panisch blickst du dich um erkennst keinen einzigen Fluchtweg als den nach oben. Dein Board liegt neben dir auf dem Bett und eilig schiebst du es zwischen deine Beine. Kurzerhand ergreifst du die Wesira, ziehst sie vor dich und weist sie an sich gut festzuhalten. „Ich bringe euch vorerst an einen sicheren Ort!“ raunst du ihr zu und in letzter Sekunde stößt du dich so fest du kannst von den Polstern ab und ihr schießt in die Höhe. Es begleiten euch erstaunte Schreie aus aller Munde aber das ist dir in diesem Moment ganz egal. Erstmal willst du weg. Weg von den Schwertern, weg von den Banditen.
Du atmest erleichtert auf als ihr an Höhe gewinnt, aber der Flug mit einer sich entsetzt an dich klammernden Wesira erweist sich als schwieriger und behäbiger als das sportliche dahingleiten auf dem Brett, das du zu deinem Vergnügen betreibst. Und so entscheidest du dich, als ihr über die Felsen am Flussufer hinaus seid, zunächst wieder eine niedrigere Flughöhe einzuschlagen. Einige Minuten vergehen in denen du einfach nur grimmig vor dich hin fliegst, aber dann klärt die kühle Nachtluft langsam deinen erregten Geist. Was hast du da eigentlich gerade getan? Und wo willst du denn jetzt eigentlich hin? Und was ist eigentlich mit Yali? Ob er noch am Ufer auf dich wartet? Abgesehen davon spürst du, wie die Erschöpfung sich breit macht. Du hast heute Nacht viel gekämpft, gezaubert, geritten und hier in der Ebene entdeckst nun, weit hinten, hinter den Umrissen von Mherwed, den ersten Sonnenstrahl des neuen Tages.
Ich lasse mich erschöpft in dem Schatten eines Felsens auf den den Boden sinken und lehne mich an den großen Stein. Den Kopf schlage ich mehrfach sanft gegen den Stein hinter mir und lasse den Hinterkopf am Ende dort ruhen. Den Kopf im Nacken, den Stein im Rücken die Augen resigniert gen Himmel gerichtet, schließe ich diese kurz. Was habe ich mir bloß gedacht?
Was macht die Wesira? Verhält sie sich ruhig? Schimpft sie? Redet sie wieder so wirres Zeug?
Ich würde sie zunächst durch einfache Aussagen wie „Nun beruhigt euch und setzt euch einen Augenblick neben mich und ruht euch aus.“, „Die Nacht war aufregend und anstrengend genug.“ oder „Ein Augenblick der Ruhe tut uns beiden gut.“ zu beruhigen versuchen. Ich möchte sie dazu bringen für den Augenblick den Mund zu halten und einfach nur still zu sitzen, damit ich meine Gedanken sortieren kann.
Danach schließe ich die Augen wieder um mich selbst zu beruhigen. Es ist gut möglich, dass ich kurz (oder gar länger??) einnicke, weil mich die Müdigkeit übermannt. Sollte dies geschehen bin ich anschließend natürlich umso aufgeregter und verfluche mich für die Nachlässigkeit.
Generell wird es darauf hinauslaufen, dass ich wieder zurück zum Ort des Geschehens will. Die Sache muss schnell aufgeklärt und dieser Albtraum beendet werden.
„Kommt, steigt auf und haltet euch gut fest. Wir müssen zurück zu Euren Leuten. Zu Eurer Halima! Halima? Eure Zofe! Erinnert Ihr euch? Und meinen Freund Yali müssen wir finden. Ich hoffe er steckt ohne mich in keinen allzu großen Schwierigkeiten. Habt keine Angst, ich halte euch gut fest, euch kann nichts geschehen.“
Tatsächlich werde ich die schöne Wesira eng an mich ziehen wenn wir mit meinem Board nur einen knappen Schritt über dem Boden mit mäßiger Geschwindigkeit am Ufer entlang zurück zu der Stelle fliegen, an der ich Yali das letzte Mal gesehen habe.
Ich schicke ein Stoßgebet zu Rahja und Phex, dass sich alles glücklich fügen möge.